Venedig verändert das Leben
«Venedig verändert das Leben». Jedes Jahr im Februar erinnere ich mich an die Worte des Fremden. Worte, die er uns damals, Mitte der Neunziger Jahre, unvermittelt und mit klarer Stimme hinterliess. Inmitten in der Menschenmenge, nahe den Schaufenstern zu den kostbaren Auslagen am Rande des Markusplatzes.
Welche Bedeutung könnten die Worte wohl haben?
Mystisches Venedig und die Freiheit der Maske

Nebel stieg auf über den Gassen und Plätzen der Lagunenstadt. Feiner Sprühregen benetzte mein Gesicht und fiel auf die Pflastersteine, die im Licht der Laternen schimmerten, in der vielleicht schönsten Stadt der Welt.
Die Eindrücke vom Vormittag nahe dem Dogenpalast und an den Stegen zu den Kanälen waren unbeschreiblich schön und überwältigend gewesen. Ich wollte nachspüren und das Gesehene und Erlebte tief in mein Bewusstsein sinken lassen, um die Bilder für immer in meinem Herzen zu bewahren.
Carneval in Venedig. Die Vielfalt und Farbenpracht. Das Filigrane und Geheimnisvolle. Die Venezianischen Masken und die prächtigen und reich verzierten Kostüme. Die Kunst und der Mut sich selbst im eigenen Kunstwerk neu zu erfinden, vor einem grossen Publikum. Im Feld der Wesen neben ihnen, vor ihnen und nach ihnen. Die Faszination könnte nicht grösser sein. Mein kleines Ich weitete sich. Durch dieses intensive Erleben fühlte ich mich unendlich tief verbunden mit Venedig.
Es gibt keine Zufälle
«Es gibt keine Zufälle» pflegte mein «alter Analytiker» zu sagen, wie ich ihn in Gedanken gerne nenne – und er hätte bestimmt nichts dagegen.
Aus meiner heutigen Sicht könnte er damit drei Dinge gemeint haben:
- Das Gesetz der Resonanz. Das Leben antwortet auf unsere tief verborgenen, oft unbewussten Gedanken und Gefühle.
- Unsere Wahrnehmung. Das Leben ist unendlich vielfältig und facettenreich. Wir nehmen die Eindrücke, die wir jeden Tag sammeln wahr, und verknüpfen sie mit unseren persönlichen Erfahrungen. Mit jeder Erfahrung weitet sich unsere Wahrnehmung und der Erfahrungsschatz wird reicher.
- Das kollektive Unbewusste, das Morphische Feld oder die Akasha Chronik – in jedem Fall ein geistiger Ort – an dem die gesamte Erfahrung und Weisheit der Menschheit und aller Wesen gesammelt wird. Und dessen Teil wir sind. Aus dem wir schöpfen können.
Wohl möglich meinte er auch einfach: Es gäbe so etwas wie Bestimmung oder einen Seelenweg.
Die Maske als Symbol der Verbundenheit
Schon in steinzeitlichen Darstellungen sind Formen der Maske zu finden, sowie in vielen ursprünglich lebenden Gemeinschaften. Beispielsweise in Afrika oder in der Kultur der Inka.
Die Masken begleiteten unzählige spirituelle Rituale, die der Verbindung mit den Ahnen und den Göttern dienten. Meiner Wahrnehmung nach spüren wir während des Karnevals in Venedig auch etwas von diesen uralten Verhaltensweisen aus der Menschheitsgeschichte und dadurch Verbundenheit mit allen Wesen.
Verbergen oder Offenbaren?

Ich mag es sehr Collagen zu fertigen, um meinen Träumen, Wünschen und Visionen Ausdruck zu verleihen.
So begegnete mir die kreative Ausdrucksweise mittels einer Collage auch im Rahmen einer Schulung für Energetische Raumgestaltung. Das Thema war Beruf und Berufung, ausgerichtet am Einfluss des Medium Coeli im eigenen Kosmogramm. Bei mir in Waage, dem Zeichen purer Kreativität und ästhetischer Schönheit.
Als meine Collage ein Bild einer Venezianischen Maske in sich aufwies, kam es zu der Anmerkung und Frage, ob es sein könne, dass ich etwas von mir hinter einer Maske verbergen wolle?
Ich dachte darüber nach, doch ich spürte, es stimmte nicht, oder nur zum Teil.
Später wurde mir klar, warum es nicht stimmte: Die farbenprächtige, filigrane und tief bezaubernde Gestaltung der Masken, das Mystische und Melancholische der reich verzierten Kostüme und der Stadt. All das ist ein Teil von mir, berührt mein Herz und offenbart mehr von mir und meinem inneren Wesen, als es verbirgt.
Mystisches Venedig – Der Engel-Elfen-Feen-Kreis

In der Welt meiner inneren Bilder, während einer Reise in der Phantasie, war ich 12 Jahre später noch einmal in Venedig.
Wir waren eine kleine Gruppe von Menschen, die sich gefunden hatte, um jeden Freitagabend gemeinsam zu reisen. Jede und jeder an seinem Ort und auf seine Weise:
Im Zauber der Lichter auf dem stillen Markusplatz, zur Zeit der blauen Stunde. Wenn der Tag den Abend berührt, wenn die Nebel sich lichten und sich die Tore öffnen, nahmen wir uns an den Händen und bildeten unseren Kreis. Und zwischen uns Menschen, eines ums andere Mal, fanden sich Engel ein, Elfen und Feen und berührten unsere Hände. So bildete sich unversehens unser Engel-Elfen-Feen-Kreis. Geborgenheit. Mystisches Venedig.
Mystisches Venedig, geomantisch gesehen
Der Geomant Marco Pogačnik sieht die Erde mit sanftem Blick und erspürt sie als Wesen mit Seele. Er spricht von einem Bewusstsein der Erdseele.
In seinem Buch «Liebeserklärung an die Erde» schreibt er über Venedig einleitend:
«Wer Venedig zu verschiedenen Jahreszeiten besucht wird zustimmen, dass die Wasserstadt Erinnerungen an das Urbild des Paradieses hervorruft. Fast unglaublich ist die subtile Schönheit von Venedig, die insbesondere an leicht nebeligen Tagen zu spüren ist. Viele sprechen von der «romantischen Stadt Venedig». Ist es möglich, dass diese «romantische» Qualität mit der Vollkommenheit des Paradieses zu tun hat, mit der Matrix der vollkommenen Erde, die tief im Inneren des Planeten schlummert?
Venedig steht seiner Empfindung nach mehr in Resonanz mit der Matrix des Paradieses auf Erden als andere Orte. Das Wort «Matrix» stammt aus dem Lateinischen und meint «Muttertier», das nun mit «Mutter Erde» assoziiert werden könnte. Im Bereich der Biologie meint Matrix die organische Stützstruktur des Perlmutts und in der Geologie die feinkörnige Grundmasse eines Gesteins.
Die Erdseele könnte einen Gedanken und eine Phantasie von der Grundstruktur des Paradieses in sich tragen, die wir Menschen an einem Ort wie Venedig wahrzunehmen vermögen.
Marco Pogačnik schreibt weiter:
«Die Gründer und Erbauer von Venedig waren glücklicherweise sensibel genug, um die Samen der Vollkommenheit aufkeimen zu lassen… Sie haben dies durch ihre städtebauliche Kunst fertiggebracht, durch Architektur, Malerei, Musik…»
Die Worte des Fremden

Die Worte des Fremden, die bestimmt kein Zufall waren, klingen noch immer nach: «Venedig verändert das Leben».
Meinte er, es sei es wert, sich von den Masken und Kostümen, von den orientalisch anmutenden Bauwerken und dem schimmernden Licht verzaubern zu lassen?
Oder meinte er, dass die Schönheit der Stadt unsere Phantasie zum Schweben bringt und wir uns verbunden und geborgen fühlen im Kreis aller Wesen?
Vielleicht meinte er auch die Erinnerung an die Matrix, die Struktur des Paradieses, gehütet von Mutter Erde, von uns Menschen und allen Wesen zu erahnen?
Bestimmt meinte er auch den Zauber und die Möglichkeit, in der Maske einmal einen ganz anderen, vielleicht verborgenen Teil der eigenen Persona und Persönlichkeit zu offenbaren. Wohlmöglich einen wesentlichen Teil von sich selbst.
Eine kleine Venezianische Maske in Form einer Brosche, filigran und zart bemalt und gestaltet, liegt als Erinnerungsstück in meiner Vitrine und in meinem Erinnerungsschatz-Kästlein.
Die Worte des Fremden von damals, deren Klang so viel Schönes in sich birgt, bewegen mich jedes Jahr im Februar aufs Neue.